Als der Skipper von der SY Inti eines Nachmittags wilde Kreise mit seinem Bananaboot Dinghy am Ankerplatz fuhr, habe ich mich gewundert, was er da tat. Etwas sinnlos, oder? So ganz ohne Ziel. Zwei Tage später fuhr ich mit unserem Dinghy ebenfalls Kreise auf dem Ankerplatz. //// Jonathan erklärte mir später, er wäre vor der Hafeneinfahrt gekentert und sein Motor war unter Wasser geraten. Damit der Motor wieder funktioniert, hat er ihn sofort gereinigt und dann „mußte er laufen“, meinte Jonathan, sonst wird das nichts mehr. Deshalb die Kreise. Ich konnte das nachvollziehen, da unser alter Dinghymotor im Mistral auf Sardinien unter Wasser geraten war und dann nie wieder richtig lief. Wir mussten danach einen neuen Motor kaufen. //// Auf der Osterinsel ankert man in einer weiten offenen Bucht, die dem Schwell ausgesetzt ist. Schwell sind langsame langgestreckte Wellen, eher ein sich bewegender Hügel, von 2-4 m Höhe, die sich dann im flacher werdenden Wasser auftürmen und unter Getöse und mit Fontänen brechen. Die kleineren Windwellen strukturieren die Oberfläche der rollenden Hügel. //// Wenn man vom Ankerplatz an Land möchte, fährt man mit dem Dinghy in den kleinen Hafen. Leider brechen genau vor der Hafeneinfahrt und links und rechts daneben die Wellen, manchmal flacher und manchmal sehr hoch. Es sind immer Surfer dort im Wasser. Die Einheimischen geben den Rat neun Brecher zu zählen und in der folgenden Pause schnell hinaus zu fahren. Allerdings braucht man dazu einen starken Aussenborder. Häufig schließt die Armanda den Hafen ganz für Dinghies. //// Wir sind jeden Tag an Land gefahren und haben Lebensmittel, Diesel und Ersatzteile transportiert. Mehrmals am Tag, wenn uns eine brechende Welle erwischte, war es ein Spass auf ihr zu surfen. Computer und IPads waren immer in wasserdichten Säcken eingepackt, man weiß ja nie. //// Irgendwann dreht der Wind und unsere Ankerkette rumpelte stärker als sonst. Sie rumpelte die ganze Zeit etwas, aber die Ankerplätze des letzten Jahres in Patagonien waren in der Regel mit Steinen durchsetzt, so dass wir das Rumpeln hinnahmen. Hier rumpelte sie dann nicht einfach nur, sondern ging senkrecht ins Wasser und war straff gespannt. Offensichtlich hatte sie sich mit einer Winddrehung um einen Stein gewickelt. Kein Problem, wir entlasteten die Kette mit Hilfe der Hauptmaschine, geben lose und bewegen das ganze Boot um den Stein herum, um die Kette zu befreien, dachte ich. Mehrere solche Versuche, unter blickfälliger Anteilnahme des Skippers des benachbarten Katamarans Two Oceans, schlugen fehl, die Kette liess sich nicht befreien. Es war Spätnachmittags, im Süden kündigte sich ein neues Tiefdruckgebiet an und es musste etwas passieren, denn unter solchen Bedingungen wollten wir keine Nacht verbringen. //// Ich sprang ins Dinghy und fuhr in den Hafen zur Tauchstation, um Hilfe zu holen. Ein paar Minuten später surfte ich auf einer großen brechenden Welle in die Hafeneinfahrt. Sie brach direkt hinter mir, das Dinghy beschleunigte von langsam auf rasend und es gelang mir den Kurse zu halten. Wow, ist das geil. Kaum zu Ende gedacht, passte sich die Geschwindigkeit der sich verlangsamenden Welle an die Geschwindigkeit des Aussenborders an und ich verlor die Kontrolle. Azurblaues Wasser, 26 Grad warm, umspülte mich, meine Brille war weg und mit einer Hand hielt ich meine Mütze fest. Kaum hatte ich Luft geholt, kam der nächste Brecher, also unter Wasser gehen. Das Dinghy schwamm verkehrt herum, aber der zweite Brecher flippte es wieder auf die richtige Seite. Ein Fischer kam mit seinem Boot und einem 70 PS Aussenborder und sicherte das Dinghy. Ein Surfer im Rentneralter gab mir sein Surfbrett und ich versuchte auf dem Brett liegend zu paddeln, wie man das so von der Bar aus beobachtet, jeder Brecher spülte mich herunter. Der Surfer sagte, stell dich drauf, das ist einfacher! Zum Glück konnte ich in das Fischerboot klettern. ////. Pitschnass vereinbarte ich dann mit dem französischen Chef der Tauschschule die Befreiung unseres Ankers. Der Fischer schleppte das Dinghy, die Taucher klarierten routinemässig (kommt offensichtlich häufiger vor) den Anker mit Hilfe eines Ballons und ich verbrachte den Abend damit den Dinghymotor in Öl zu baden, den Vergaser auseinander zu nehmen und zu beten, dass er wieder läuft, weil im Pazifik so gut wie keinen Ersatz zu bekommen ist. Er lief und weil er „laufen musste“ beobachteten mich die Nachbarn beim Kreise fahren und dachten sich, sinnlos oder, so ohne Ziel.