Eines der Traumziele der Reise ist erreicht; der vom Tourismus und anderer Entwicklung bisher verschonte Bijagos Archipel in Guinea Bissau. Eine Landschaft wie in den schwedischen Schären, aber mit Wattenmeer und Palmen. Man fühlt sich heimatlich, weil die Landschaft vertraute Elemente aufweist, Horizontalität, Inseln die den Horizont versperren und wieder freigeben. Manche Blicke könnten auch den Stechlin hinunter sein. Kein Wunder das Deutsche Pflanzer sich hier bis 1939 wohlgefühlt und Palmöl produziert haben. Dann zettelte Gröfaz Krieg an und die Herrlichkeit war vorbei.
Wir sind vor der größten Siedlung des Archipels, Bubaque (Bubake) vor Anker gegangen und haben die Ruhe und die Landschaft genossen.
Die Outer Rim war schon drei Tage eher da und hat uns begrüßt, so waren es wieder 6 Kinder. Wir waren noch nicht einklariert und lagen unter der gelben Flagge bis Montag. Eigentlich konnte keiner an Land, ausser die Kinder, die sich heimlich an Bord des schnellen 20 PS Rib`s der Outer Rim geschlichen hatten und deshalb zu einem Strandausflug kamen. Als Aliens. Dann kam der Montag, der Tag der Wahrheit. Als Segler sieht man den Zustand des Landes in dem man sich befindet an der Prozedur des Einklarierens. Der Skipper muss mit den Pässen und den Schiffspapieren der Crew an Land und bei mehreren Behörden vorsprechen. Der Immigration um den Einreisestempel zu bekommen, zum Hafenkaptitän, um den Liegeplatz zu klären und unter Umständen die Erlaubnis zu bekommen die Gewässer zu befahren, den Zoll, um sicherzustellen, das das Schiff zollfrei ein- und wieder ausgeführt werden kann, und nichts Unerlaubtes an Bord ist; der Gesundheitsinspektor, in Westafrika haben wir keinen getroffen, dafür aber den Mann vom Sicherheitsdienst, der als Einziger alles genau untersucht hat. In Bubaque befindet sich das Büro des Hafenkapitäns in einer einstöckigen Hütte am Hafen, ein 16qm Raum, der nach seiner Errichtung vor 100 Jahren noch nie einen Pinsel gesehen hat. Kein elektrisches Licht, aber an der Wand ist ein Einbau VHF Funkgerät genagelt, das wohl ein Yachtie mal verborgt, aber nie wieder zurück bekommen hat. Ein wilhelminischer Schreibtisch aus Eiche steht auf dem Lehmboden, dahinter ein wortkarger Hafenkaptän in Militärhose und Sweetshirt mit dem Aufdruck eines deutschen Schlachterunternehmens aus dem Rheinland, auf dem Kopf eine Wollmütze. Vor dem Schreibtisch ein Brett auf zwei Kisten für den Besucher. Auf dem Schreibtisch steht eine Schreibmaschine aus den Siebzigern, elektrisch, die mangels Strom seit den Achtzigern nicht mehr im Betrieb war. Daneben zwei Formularblöcke, ein Stempel und ein Plastikbecher der sehr ordentlich mit Stiften gefüllt ist. Das ganze Ensemble wird aus Ermangelung an Fenstern nur durch die blau gestrichene Wellblechtür beleuchtet. Auf dem Brett vor dem Schreibtisch sitzend warte ich auf den Mann von der Immigratio, der vom Hafenkaptitän angerufen worde. Warum wir nicht zur Immigration gehen sollen, erklärt sich später. Währendessen sammeln sich unterschiedlichste Leute vor der Tür des Büros an, alle grüßen freundlich, man schlägt sich zur Begrüßung mit dem Handflächen der rechten Hand gegeneinander, auch ich werde begrüßt. Die meisten Neuankömmlinge haben einen kleinen Schreibblock in den sie hin und wieder kritzeln. Der Mann von der Immigration ist nicht dabei. Irgendwann kommt der Mann von der Immigration, er trägt eine Anglerweste mit vielen Taschen. Mir wird klar gemacht, man möchte die Yacht besichtigen. Drei, nein Vier, Fünf oder Sechs möchten an Bord, offensichtlich so viele Kontrolleure wie möglich. Ich sage das Dinghy kann aber nur 3 Personen tragen. So fahren wir eben zwei Mal gegen vier Knoten Strom und werden alle nass. Erst als alle Fünf an Bord sind und den Kaffee, O-Saft und die Cola ausgetrunken haben, wird begonnen. Der Mann vom Sicherheitsdienst geht durch alle Schapps, der Mann vom Zoll schaut zu, der Übersetzer auch. Der Hafenkapitän und der Mann von der Immigration geniessen die Ruhe im Cockpit. Als die Durchsuchung fertig ist und alle wieder zusammen im Cockpit sitzen, kommt der Mann von der Immigration zum Kern der Unternehmung. Er bedankt sich für die freundliche Aufnahme und stellt fällig: 5.000 CFA für jeden Beamten der an Bord ist, 1.000 CFA pro Stempel für die Einreise und pro Stempel für die Ausreise, ergo 8.000 CFA, sowie 65.000 CFA für die Erlaubnis sich in den Bijagos aufzuhalten. Zusammen 98.000 CFA, also ca. 150€. (Zum Vergleich, das Gehalt eines Schuldirektors einer größeren Schule in Gambia liegt bei 120 €, unser Budget liegt bei 30€/ Tag.) Alles ohne Quittung versteht sich, bezahlt wird nach einer halbstündlichen vergeblichen Verhandlung im Dunkeln des Büros des Hafenkapitäns. Da keiner der „Offiziellen“ sich ausgewiesen oder eine Uniform trägt, kann man sich auch vorstellen vom Hafenkapitän eingeladen zu werden, um 5.000 CFA mit zu nehmen,. Ein Brot kostet 100 CFA. Bei der Abfahrt fragt der Mann vom Sicherheitsdienst nach einer Schwimmweste, er könne nicht schwimmen. Birgit gibt ihm eine Feststoffweste, die er anzieht. Später wieder an Land trägt er die Westen wie ein Kleid und stolziert herum. Ich bitte ihn die Weste wider ins Dinghy zu legen, er sagt meine Frau hätte sie ihm geschenkt. Ich fange an zu diskutieren, bis der Übersetzer mir sagt ich solle sie ihm lassen, wir wären ja so reich, das es auf die eine Weste nicht ankomme. Die Argumentation das wir die Rettungsweste brauchen, da wir auf dem Boot leben und es in Westafrika keine neue Weste zu kaufen gibt, kommt bei Beiden nicht an. So spenden wir unfreiwillig der Geheimpolizei von Guinea Bissau eine Rettungsweste. Erst dann können wir zur Polizeiwache gehen, die im gleichen Zustand ist, wie das Büro vom Hafenkapitän, nur das es durch die vorhandenen Fenster eine lichtere Atmosphere gibt. Hier sind die Schreibtische blank, im Zimmer sind zwei Schreibtische für die Immigration und ein Schreibtisch für die Feuerwehr. Es gibt weder Computer, noch eine Schreibmaschine. Aus der Anglerweste kommen die Pässe zum Vorschein, allerdings sind zwei davon irgendwie anders, es sind französische Pässe. Ein weiterer Versuch bringt dann die Kinderpässe zum Vorschein. Der Akt des Stempelns könnte zum Thema eines Dokumentarfilms werden; jeder Pass wird untersucht und geblättert und nach einer Weile wird ein Ort für den Stempel gewählt. Es ist nicht einfach, es müssen ja insgesamt vier Stempel pro Pass erfolgen, zwei für die Einreise und zwei für die Ausreise. Der Beamte entscheidet sich dafür erst die Ausreisestempel anzugehen, das Datum liegt 30 Tage in der Zukunft. Dann werden die Einreisestempel abgearbeitet, jeder Stempel muss noch Handschriftlich mit Datum und Unterschrift versehen werden. Ich verabschiede mich vom Chef der Polizei Bubaque auf der Terrasse mit Handschlag, er versichert mir noch, das nach dem letzen Putsch alles ok ist und gehe ohne einen Pfennig in der Tasche zurück zum Dinghy. Auf dem Weg versucht mir der Übersetzer Obama, der eigentlich Künstler ist, noch ein Bild oder ein gebatiktes T-Shirt zu verkaufen, aber meine Kauflaune ist im tiefsten Keller versunken. Mir reicht es erst Mal und ich brauche etwas Entspannung zu Hause an Bord von Kalibu.
hey sehr intressanter artikel war 2014 mit dem auto in mali und deine geschichte hat mich an das einreisen von mauretanien nach mali erinnert.da wir auch eine grosse summe trotz visa die wir schon hatten bezahlen sollten und auch haben.am ende kam dann noch die begleitung eines soldaten dazu natürlich auch nicht umsonst wegen terroristen gefahr.was mich intressieren würde hattet ihr schon ein visa für guinea bissau??und mustet deshalb soviel zahlen. wünsch euch noch ne tolle reise.torsten
Hallo Torsten, sorry für die späte Antwort. Aber ja, wir haben uns ganz ordnungsgemäß ein Visa in Gambia besorgt. Ohne wäre es sicher überhaupt nicht möglich gewesen dort einzureisen. Trotz allem, das Archipel war auf jeden Fall die Reise und die Stolpersteine beim Einklarieren wert! Viele Grüße aus Brasilien.