Ein Sonntag am Wannsee auf Neuseeländisch

Waiheke Island liegt nur eine halbe Fährstunde von Aukland entfernt und ist ein beliebtes Ausflugsziel. Die reichen Neuseeländer haben hier ein schönes Wochenendhaus. Weingüter werden zu Höchstpreisen gehandelt. Die Restaurants sind gut und teuer. Man leiht sich keinen einfachen Scooter, sondern das italienische Oldtimermodell der Vespa. Die dazu passende Kleidung kann man in den Boutiquen am Ocean View Dr. kaufen. Das wussten wir bevor wir kamen. Wir waren trotz alledem überrascht wie voll die Ankerbucht dann am Wochenende tatsächlich wurde.

Als wir am Donnerstag am Abend ankamen, lagen in der Oneroa Bay rund 10 Yachten. Wir hatten schon Sorgen zu nah an unseren Nachbarn zu ankern und liessen nur 20 Meter Kette raus. Am Samstagabend hatte sich die Zahl der Yachten verzehnfacht! Wannseebedingungen 🙂
Und wir waren sicher die einzigen, die den Samstag arbeitend verbrachten. Thomas mal wieder in Backskiste. Die Kabel für die Aussenlautsprecher hatten einen Wackelkontakt. Ausserdem haben wir im Rahmen des Projekts „ eine leichtere Kalibu“ bei Trade Me, der neuseeländischen Version von Ebay, unsere Kurzwellenanlage verkauft. Diese musste nun demontiert werden. Birgit verbrachte den Tag in der Ankerkiste. Die Reserveankerkette, die wir in Buenos Aires nicht weggeworfenen hatten, in der Annahme wir würden sie in Patagonien oder in der Südsee brauchen, hat sich in einen grossen Klumpen rostenden Stahls verwandelt. Totes Gewicht. Etwa zehn Meter davon konnte Birgit mit Rostwandler wieder nutzbar machen. Der Rest muss entsorgt werden. Leonard hat uns einen sehr leckeren Beerenstreuselkuchen gebacken. Zoe wusch das viele Salz, das Kalibu sich bei der rapiden Überfahrt eingehandelt hat, von den Fenstern. Ausserdem beschäftigen wir uns schon seit Wochen mit unserem Kühlschrank. Ein nicht endendes Thema, das wohl jeden Fahrtensegler in der ein oder anderen Form bewegt. Der Einbau einer digitalen Temperatursteuerung nach einem Tip von Thomas von der Robusta verbesserte die Situation erstmal, aber der Kompressor ist einfach zu alt und der Kühlschrank ist nur mit 4cm Styropor gedämmt. Die neuseeländischen Fachleute sind jedenfalls der Meinung unser Kühlsystem kommt aus einem anderen Jahrhundert und gehört ins Museum, Greg sprach von „obsolet“…….

An Whangarei vorbei gepustet

Zyklon GITA
Zyklon GITA bewegt sich auf die Westküste von Neuseeland zu

Nachdem wir uns im schönen und vor allem sicheren Naturhafen von Tutukaka vor dem Ex-Zyklon GITA verkrochen hatten, wollten wir Whangarei ansteuern, um frisches Obst und Gemüse einzukaufen, Freunde zu treffen und vielleicht noch das ein oder andere Ersatzteil für Kalibu zu besorgen. Der Wetterbericht kündigte 10 Knoten aus West an, das passte gut, um nach Süd zu segeln, dachten wir. Nach „der Schule“ der Kinder ging es schnell los und es war auch erst alles bestens. Sonnenschein und wunderbares Segelwetter bis wir Bream Head erreichten. An diesem Kap frischte der Wind merklich auf, erst Mal nicht verwunderlich, aber kaum hatten wir das Kap passiert, ging es erst ro richtig los und es kam noch eine kurze kabbelige Welle hinzu. Um die Flussmündung nach Whangarei zu erreichen hätten wir 8-10 Meilen gegen 20 bis 22 Knoten Wind und entsprechender Welle anmotoren müssen. Stattdessen wurden wir an Whangarei „vorbei gepustet“ und landeten nach Einbruch der Dunkelheit in einer winzigen Bucht hinter dem nächsten Kap, dem Cape Rodney.

Unser zweiter Versuche einen halbwegs ordentlich sortierten Lebensmittelladen zu erreichen, hätte uns am darauffolgenden Tag nach Manly in der Whangaparaoa Bay führen sollen. Der Konjunktiv sagt alles, gleiches Spiel wie Tags zuvor. Nach der Schule wurde der Anker gehoben. Der Wetterbericht sagte 2-3 Beaufort aus West voraus. Im Hauraki Golf wehte der Wind allerdings mit bis zu 22 Knoten. Kalibu erreichte spielend ihre Rumpfgeschwindigkeit und noch darüber hinaus. Schon lange habe ich die 9 Knoten nicht mehr auf der Logge gesehen. Die Heckwelle wanderte bis weit über unsere Badeplattform und sog sich dort fest. Manly Beach war trotzdem nicht zu schaffen. Stattdessen verschlug es uns nach Waiheke Island in die Oneroa Bay.

Unser Resümee: erstens: das Nordland ist in der Tat recht dünn besiedelt. Zudem hat jeder ein Auto, einen Garten und ein paar Schafe und braucht keinen Supermarkt um die Ecke. Die sind nämlich sehr rar. Zweitens: der Wetterbericht hat auch hier wenig mit den lokalen Gegebenheiten gemeinsam.

Regen Regen Regen

Regen Regen Regen und dann gibt es doch noch mal einen Lichtblick. Ab und zu eine kleine Sonnenscheinpause, in der man den neuseeländischen Sommer erahnen kann. Seit wir zurück in Neuseeland sind, zogen schon zwei Stürme hier durch. Der letzte, ein Zyklonausläufer, brachte Überschwemmungen und Stromausfälle im ganzen Land. Damit nicht genug, der nächste Zyklon „Gita“ wütete bereits in Tonga und nähert sich auf Umwegen Nordland. Wir sind alarmiert, jedoch nicht wirklich besorgt. Es ist zu erwarten, dass der Sturm in der kühlen Tasman Sea seine Kraft verliert.

In den Regenpausen segeln wir in der Bay of Islands herum. Kalibu bekam einen neuen Unterwasseranstrich, den wir diesmal zu viert im Rekordtempo aufbrachten. Morgens kam Kalibu raus aus dem Wasser und am Abend war schon der zweite Anstrich drauf. Alle anderen Wartungsarbeiten konnten wir im Wasser erledigen – das laufende Gut musste in grossen Teilen ausgetauscht werden; den Windgenerator, der seit den Gambiers nicht mehr zum Leben zu erwecken war, tauschten wir aus; das Vorsegel war am Ende und musste ersetzt werden; die „Kuchenbude“, die ich in Argentinien genäht hatte, war bereits nach so kurzer Zeit unschön, grün und vor allem undicht und wurde ersetzt; usw. … Jedenfalls haben wir jetzt mit dem neuen Windgenerator und noch zwei weiteren flexiblen Solarpaneelen zum ersten Mal keine Energieprobleme mehr.

Trotz alledem, obwohl wir alles genau unter die Lupe nahmen, hatten wir nach wenigen Tagen in der Bay plötzlich einen Wassereinbruch unter Motorfahrt. Das Wasser stand in der Bilge schon unter den Bodenbrettern und Leonard und ich mussten uns an der Handpumpe abwechseln, uff! Im Motorraum hörte es sich wie ein Wasserfall an. Schnell den Motor ausschalten und weiter pumpen.
Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, das Knie, wo die Auspuffgase und das Kühlwasser zusammengeführt werden, hatte ein pflaumengrosses Loch. Korrosion! Zum Glück hatte Thomas eine weise Vorahnung und deshalb war das Ersatzteil bereits an Bord.

Am Waitangi Day ankerten wir vor Pahia und mischten uns unter die bunt gemischte Menschenmenge. Bedenkt man, dass in Neuseeland insgesamt nicht viel mehr als 4 Mio. Menschen leben, dann war da schon eine Menge los. Die Marine ankerte seit einigen Tagen mit zwei grossen Kriegsschiffen in der Bay und natürlich konnten die kleinen Maori Delegationen dem Aufgebot an weiss bekleideten Matrosen visuell kaum was entgegensetzen. Manches ändert sich eben nie.

Urupukapuka und Motuaroria, auch Roberton Island genannt, sind unserer Meinung nach die schönsten Inseln in der Bay. Im Lee von Motuaroria hat James Cook mit der Endeavour das erste Mal geankert, als er die Bay of Islands besuchte. Nicht nur deshalb ist die Insel ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen aus Russel und Pahia. Das wurde uns dann schnell zu viel und wir hoben letzten Samstag den Anker, um das Cape Brett zu umrunden und uns in die nahegelegene Whangamumu Bay zu verziehen. Hier wurden in der Vergangenheit bis zu 50 Wale jährlich zu Tran verarbeitet. Der Heizkessel und die Kochbottiche sind noch erhalten. Kein Lüftchen weht, aber es regnet mal wieder.