Es war Zeit Abschied zu nehmen von Piriapolis, obwohl vieles unerledigt blieb. Bei einem Stundenlohn von 50 $ können wir den Generator dort nicht reparieren lassen. Den Stundenlohn gönnen wir den Uruguayern gerne, jedoch ist unser Budget gedeckelt. Also beissen wir in den sauren Apfel und wollen die 150 ++ Seemeilen den Rio de la Plata hochsegeln bis nach Buenos Aires. Für Dienstag, Mittwoch, Donnerstag war Ostwind vorhergesagt. Das passte gut.
Wir verliessen bei 20 Knoten Wind den Hafen und merkten schon bald, dass wir etwas eingerostet waren. Die Segelmanöver waren schon mal besser koordiniert. Thomas musste Anfang November unerwartet nach Berlin fliegen und wir lagen deshalb drei Wochen im Hafen von Piriapolis fest.
Der Wind frischte schnell auf und am Ende des ersten Tages zeigte der Windmesser gut und gerne 30 Knoten Wahrer Wind. Von hinten, zum Glück! Trotzdem die kleine Marina von Montevideo wollten wir bei diesen Wetterverhältnissen nicht anlaufen. Wir hatten den Eindruck, dass Wind und Welle direkt in den Hafen rein stehen und das versprach ein wenig erfreuliches Anlegemanöver. Eigentlich kaum zu schaffen mit unserer Kalibu. Stattdessen fanden wir hinter Montevideo eine halbwegs geschützte Bucht, wo wir kurz nach Sonnenuntergang den Anker fallen liessen. Direkt neben einem Wrack 😉 Die gibt es hier im Rio de la Plata zu Hauf! Der ist zwar ungewöhnlich weit aber grad mal 5 Meter tief, mit unzähligen Untiefen gespickt. Ausserdem kann man auf die Tiefenangaben in den Karten wenig geben. Je nach vorherrschender Windrichtung ändert sich der Wasserstand entsprechend – nach oben oder eben unten. Den Zusammenhang zwischen vorherrschender Windrichtung und Wasserstand können wir grad im Hafen von Colonia unmittelbar nachvollziehen. Heute morgen haben wir an einem Steinpier festgemacht, der heute Abend bereits knietief im Wasser verschwunden ist, obwohl eigentlich Ebbe sein sollte. Gestern zog hier einer der gefürchteten Pompeiros durch und seitdem herrscht Südwestwind vor. Der Wasserstand im Rio nimmt stetig zu. Die Boote, die am Pier liegen, nehmen ihr Dingi um an Land zu kommen – so kann es gehen …
Den zweiten Segeltag auf der Strecke Piriapolis Colonia begannen wir nach der ersten Schulstunde. Die Welle war am Tag davor mehr als unangenehm, kurz und hoch, dass der Schulunterricht etwas gelitten hat. Den verpassten Unterricht wollten wir nachholen. Der Wind kam nach wie vor mit 25- 35 Knoten von hinten, die Yankee, unser einziges gesetztes Segel, war im 1. Reff und wir konnten trotzdem beobachten wie die Heckwelle bei Erreichen der Rumpfgeschwindigkeit die Badeplattform mit Wasser füllte. Unser Tagesziel war der Rio Rosario. Auf unserer Seekarte ist eine Wassertiefe von 1.30 vermerkt. Das Hafenhandbuch spricht von mind. 2.00 Metern. Wir messen 1.20 ?! Für uns reichte es und wir ankerten kurz nach Sonnenuntergang in dem sehr ruhigen Rio mit schönen Creeks rechts und links. Ein netter Uruguayer kam mit seinem Boot vorbei und fragte, ob wir was brauchen. Ausserdem warnte er uns vor dem Pompeiro, der fürs Wochenende angekündigt war.
Segeltag 3 – noch 25 Meilen bis Colonia. Wir waren von den beiden Tagen davor etwas verwöhnt. 7-8 Knoten über Grund schafft Kalibu nur bei steifem Wind. An diesem Tag war der Wind bestenfalls frisch, so zwischen 10 und 20 Knoten und wir kämpften uns gegen auslaufendes Wasser an. Obwohl das Tagesziel nur 25 Meilen entfernt war, erreichten wir Colonia erst am späten Nachmittag. Noch schnell zur Prefectura um Bescheid zu sagen, dass wir angekommen sind (die sind hier sehr genau und wollen immer wissen wo man grad unterwegs ist) und dann den ruhigen Abend geniessen.
Tag 4 – der angekündigte Pompeiro kam dann früher als erwartet. Wir wollten uns grad fertig machen für einen ausgedehnten Stadtbummel, da drehte der Wind und eine dunkle Wolkenfront kroch von Süden heran. Alle Boote an den Moorings drehten sich synchron nach Nord, nur das Boot neben uns stellte sich quer. Ein Blick auf den Tiefenmesser offenbarte, das Boot muss wohl im Schlamm festsitzen. Das könnte uns ja egal sein, nur leider sind die Moorings in Colonia so dicht angeordnet, dass wir befürchten mussten, mit dem „Aussenseiter“ zu kollidieren. Der Stadtbummel fiel daher aus und wir haben uns, nachdem der Pompeiro durch war, an die Kaimauer verlegt. Den Stadtbummel haben wir am Tag drauf grad noch rechtzeitig nachgeholt. Wie oben schon erwähnt, steht das Wasser mittlerweile so hoch, dass man wieder das Dingi zu Wasser lassen müsste/muss …
Von Colonia aus kann man schon die ersten Hochhäuser von Buenos Aires sehen. Die Matrosen der Flotte Magellans haben hier über zwei Wochen den Paso zum Pazifik gesucht. Wen wundert’s, die Mündung des Rio de la Plata ist breit und rund 200 Meilen lang. Diese 200 Meilen werden wir uns dann auch wieder raus kämpfen müssen :-((