Auf der Suche nach der SMS Seeadler

06.09.2017 //// Nun hält uns nichts mehr hier im Maupiti Atoll, Wind und Welle sind moderat und seit gestern fahren die Fischer wieder raus aufs Meer. Also verabschieden wir uns von den drei Yachten, die hier sind, zwei deutsche Schiffe und die Mouss. Alle bleiben diese Saison in Französisch Polynesien, aber wir wollen ja noch viel weiter nach Westen. Wie erwartet rasen wir durch den Pass, werden von der Strömung im Nu raus gespült. Anfangs können wir auch noch ganz leidlich segeln, aber bald schwächelt der Wind und am nächsten Morgen bleibt uns nichts anderes übrig, als die „Dieselgenua“ zu hissen. Mit Blick auf die Wetteraussichten, die keine Besserung versprechen, entscheiden wir uns dann im nur 85 Meilen süd-westlich von Maupiti liegenden Mopelia Atoll noch einen letzten Stop einzulegen, bevor wir Französisch Polynesien verlassen.
Immerhin war Mopelia ja mal ganz kurz eine Deutsche Kolonie 😉 oder sagen wir mal so, der gute Graf von Luckner hat sie als solche deklariert, als er dort, nach der Strandung des Hilfskreuzers SMS Seeadler auf dem Aussenriff, Unterschlupf fand. Das geschah vor genau einhundert Jahren, am 2. August 1917. Der Dorfchef, Marcello, hat sich jedenfalls gewundert, warum nicht mehr Deutsche vorbeikamen, um dieses Ereignis zu würdigen und zu den wenigen noch verbleibenden Wrackteilen der SMS Seeadler herunter zu tauchen. Wie es in Polynesien Sitte ist, haben wir uns bei ihm, dem Chef, am folgenden Tag mit einem kleinen Gastgeschenk angemeldet und um Erlaubnis gebeten in „seinem Atoll“ zu ankern. Im Gegenzug wurden wir am gleichen Tag zum Abendessen am Strand eingeladen. Weitere Geschenke wurden ausgetauscht, wir erhielten jeder eine Muschelkette und steuerten Wein, Nachtisch und Früchte zum Abendessen bei. Mit meinem leidlichen Französischkenntnissen kam sogar eine richtige Unterhaltung zu Stande an deren Ende Marcello dann mit einer sorgfältig verpackten Maschinenschraube rausrückte. Der Traktor der Kopra-Kooperative des Atolls war wohl defekt und er brauchte eine neue längere Schraube. Thomas versprach sein Lager zu durchsuchen und verabredete sich am nächsten Morgen um 6 Uhr zum gemeinsamen Fischen am Aussenriff.


Wie versprochen, tauchte Marcello dann in der Frühe mit seinem Power-Boot und seinen Töchtern, die beide größer und kräftiger als Thomas sind, bei uns auf. Thomas hatte Glück. An seiner Angel bissen zwei große Fische an, die von der Tochter im Nullkommanichts ins Boot befördert wurden. Und weil er die Fische nicht für sich beanspruchte, wurden wir auch am zweiten Abend zum Essen eingeladen. Es gab die lokale Spezialität, Kokoskrabben, Palmenherzensalat, Seeschwalbeneier und Thunfischspiesse vom Holzkohlengrill. Kokoskrabben leben, wie der Name schon sagt, von Kokosnüssen, werden ziemlich alt und können relativ einfach nachts mit einer Taschenlampe gefangen werden. Dann sind sie geblendet und man kann sie einfach einsammeln. Wenn man sich die vorderen Scheren dieser riesigen Krabben – die werden bis zu 4 kg schwer! – ansieht, wird jedoch schnell klar, ganz so trivial kann es nicht sein. Diese sind nämlich mit richtigen Zähnen, fast in der Größe von menschlichen Zähnen, ausgestattet. Pech, wenn grade ein Finger dazwischen gerät.

Mopelia liegt sehr abgeschieden, es ist die süd-westlichste der „Inseln unter dem Winde“ und wird nur unregelmässig, einmal im Jahr, von einem Kopraschiff angefahren. Versorgungsschiffe kommen gar nicht vorbei, da der Pass mit seinen 17 Metern zu eng und seit dem letzten Taifun auch nicht mehr mit Bojen markiert ist. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Natur noch intakt zu sein scheint. Auf den unbewohnten Motus des Saumriffs tummeln sich tausende von Seevögeln, dazu gehört auch eine Fregattvogelkolonie. Es wird überall eifrig um die Wette gebrütet und der Nachwuchs harrt hungrig im Nest aus, bis die Eltern mit Futter zurück kommen. Menschen gehören nicht zu den natürlichen Feinden und wir können ganz dicht an ihre Nester heran. Sie bleiben unbeeindruckt. Nur die vielen Seeschwalben fliegen aufgeregt über unseren Köpfen umher. Ihre Eier werden ja von den „locals“ gesammelt, deshalb sind sie zurecht besorgt.
In der Lagune ist das Wasser glasklar, man sieht Muränen und andere tropische Fische und es gibt Massen an Haien, die uns neugierig verfolgen. Das Vorhandensein von Haien ist ein Anzeichen für ein intaktes Ökosystem, haben wir erfahren.
Leider drängt die Zeit. Es liegen noch einige Meilen vor uns und wir müssen das kommende Wetterfenster nutzen, um ein Stück voran zu kommen. Von Marcello bekommen wir ein Glas selbsthergestellten Honig alla Seeadler mit auf den Weg.

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