19.02.2016 — Vor einer knappen Woche haben wir Puerto Williams verlassen, um Richtung West, Nord-West zu Motoren. Segeln wird bei vorherrschendem Westwind schwierig.
Der Start gestaltete sich dann auch gleich etwas holprig. Laut Wettervorhersage sollte es nur 10-15 Knoten Wind aus West geben, doch schon in der durch eine Sandbank geschützten Bucht vor dem Hafen deutete der heftige Schwell deutlich mehr Wind an. Kalibu rollte mächtig, mir und Zoë wurde übel und alles was noch keinen sicheren Platz im Boot gefunden hatte, flog in der Gegend herum. Wir machten grad mal 2 Knoten Fahrt über Grund und drehten kurzerhand um, um vor der Hafeneinfahrt zu Ankern und abzuwarten. „Mucho viento“ hat der Armada als Erklärung für das Manöver gereicht. Erst gegen Abend flaute der Wind etwas ab und wir konnten zur nächstgelegenen Ankerbucht fahren, die nur 6 Meilen entfernt ist.
Caleta Olla
Dafür kamen wir am nächsten Tag bei nahezu Windstille bestens voran. Sogar eine Dreiviertelstunde Segeln war uns gegönnt. Vorbei an Ushuaia mit Ziel Caleta Olla. Ab hier erstreckt sich die Darwin Gebirgskette nach Norden hin und es gibt die ersten Gletscher zu bewundern. Leider regnete es in Strömen als wir ankamen und auch am nächsten Tag, aber die Galatee war noch da und wir machten uns zwei gemütliche Abende mit leckerem Risotto, Pizza und Milchreis von Shu-In zum Nachtisch. Zum Milchreis servierten wir, von mir und Zoë gesammelte Calafatefrüchte. Die Einheimischen sagen, wer davon isst, wird wieder nach Patagonien zurück kommen. Die erste Nacht in dieser Caleta war dann sehr unruhig, der Westwind fegte mit Böen bis zu 50 Knoten durch die Caleta und rüttelte kräftig an unserem Boot. Unsere drei Landleinen hielten super. Sie sind schließlich überdimensioniert, wie wir kürzlich rausgefunden haben. Unser Schiff wiegt nicht 19, sondern vermutlich nur etwas mehr als 10 Tonnen. Die beiden Franzosen, Laurent und Jean Loup, haben uns erklärt, dass das kleine „t“ in unseren Schiffspapieren „tonnage“ bedeutet. Also ein Volumenmass, das früher in Frankreich üblicherweise verwendet wurde. Die Abkürzung für „tonnage“ ist ein kleines „t“
Seno Pia
Mit abflauendem Wind und blauem Himmel sind wir dann am Mittwoch weiter den Brazo Noroeste entlang gefahren. Dort reiht sich ein Gletscher an den anderen, eine spektakuläre Fahrt. Unser Ziel war der Seno Pia, ein weit verzweigter fjordartiger Einschnitt in die Berge, an dessen Ende gleich mehrere Gletscher bis zum Wasser reichen. Die Einfahrt in den Fjord war nicht ganz einfach, weil unsere elektronische Karte mal wieder (s. San Julian) verschoben war. Die Zeichnung in unserem Pilothandbuch war dafür eindeutig und wir konnten uns an den herausragenden bizarren Felsbrocken gut orientieren. Bis zum ersten Gletscher waren es von hier noch vier Meilen (es war der kurze Arm des Fjordes, den wählten). Die mächtigen Gletscher transportieren eine Menge Eis ins Wasser, das in kleineren und größeren Brocken im Wasser schwimmt. Mit unserem Dingi fuhren wir direkt heran an die Gletscherwand. Ganz wohl war mir nicht dabei, weil die Gletscher sich ja ständig in Bewegung befinden und sporadisches Krachen und Donnern zu hören war. Am nächsten Morgen hatten wir wegen des kalten Wassers nur noch 6 Grad im Boot. Bei diesen eisigen Temperaturen wollte keiner aus seinem warmen Bett kriechen. Wir schliefen bis fast 10:00 Uhr und machten uns schnell auf den Weg in wärmere Regionen. Eine kleine Delfinschule begleitete uns raus aus der Caleta. Die schienen sich in der Kälte besonders wohl zu fühlen.
Isla Chair
Nächstes Ziel war die nur 14 Meilen entfernte Isla Chair. Dort gibt es eine Minibucht, die Caleta Alakush, in der wir Kalibu mit vier Landleinen fest machen konnten. Weil wir mit Kalibu nicht gut rückwärts fahren können (und natürlich auch kein Bugstrahlruder haben) haben wir einen Heckanker installiert. So kann Thomas gerade in die Bucht rein fahren und ich muss mit Leonard und Leine schnell an Land paddeln. Das muss superschnell gehen, sonst driftet die unten flache OVNI ab. Wir üben noch, sind noch viel zu langsam. Die Caleta ist sehr friedlich und wir haben einen wunderbaren Blick auf die Darwin Gebirgskette. Nach der Schule spielen die Kinder am Steinstrand und wir, die Erwachsenen, wandern auf den Berg.